25.01.17
Donald J. Trump –
seine (Wirtschafts-)Politik und die Folgen für den Rest der Welt
bleiben bis auf weiteres im Vordergrund. Vielleicht für die viel
zitierten ersten 100 Tage seiner Amtszeit. Dazu kommen mit dem
Näherrücken enorm wichtiger Wahltermine in Frankreich, den
Niederlanden und Deutschland die besorgten Diskussionen über die
Zukunft Europas. Und wie entwickeln sich die Beziehungen zu Russland
und China? Wie wohl nie zuvor in der jüngeren Geschichte
überschatten politische Mega-Themen das Denken und Handeln der
Kapitalanleger und ihrer Asset Manager.
Die Ansichten der
Strategen bleiben geteilt. Und sie sind bei Bullen und Bären nicht
stabil, wie die vergangenen Tage gezeigt haben. Die erstaunliche
Trump-Euphorie in der Wall Street, die ich mit großer Skepsis schon
seit Wochen beobachte, hat sich offenbar gelegt. Wie es am
Aktienmarkt weitergeht, wird von den ersten richtungsweisenden
Maßnahmen der neuen US-Regierung maßgeblich beeinflusst –
zumindest kurz- bis mittelfristig.
Fakten sprechen
gegen Fortsetzung der Trump-Rally, resümieren die Börsenbeobachter
der Nachrichtenagentur Reuters, die dazu laufend auch internationale
Stimmen aus dem Markt einsammeln. Glaubt man der Geschichte, sollten
sich Anleger in den kommenden Wochen auf fallende Aktienkurse an der
Wall Street einstellen. In dem Monat nach der Amtseinführung eines
neuen US-Präsidenten hat der S&P 500-Index in den vergangenen 88
Jahren im Schnitt 2,7 Prozent verloren, wie eine Reuters-Studie
zeigt. Selbst unter den populären Präsidenten Ronald Reagan und
Barack Obama, die am Ende ihrer Amtszeiten Kurszuwächse von 120 und
165 Prozent vorweisen konnten, brachen die Wall-Street-Kurse in den
ersten Wochen nach der Schlüsselübergabe im Weißen Haus um 4,8 und
15 Prozent ein.
Nur vier Präsidenten
konnten sich seit 1929 steigende Kurse an der New Yorker Börse auf
die Fahnen schreiben: Nach Herbert Hoovers Antritt im Januar 1929
legte der Index im Monat um 3,8 Prozent zu, auf John F. Kennedys
Konto ging 1961 ein Plus von 6 Prozent, auf das von George H. W. Bush
1989 5,3 Prozent und als Bill Clinton 1993 das Oval Office bezog,
legten die Kurse um 0,8 Prozent zu.
Aber: Kaum ein
Präsident erhielt an der Börse derart viele Vorschusslorbeeren wie
Trump. Der S&P 500 gewann seit seinem Wahlsieg Anfang November
rund 9 Prozent und erreichte Anfang Januar ein Rekordhoch von 2.282
Punkten. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schoss um 2.000 Punkte
nach oben und steht kurz davor, die noch nie erreichte Marke von
20.000 Zählern zu knacken. Der Dollar kletterte zum Euro auf den
höchsten Stand seit 14 Jahren. Unternehmen und Anleger schenkten
Trumps Versprechen im Wahlkampf Glauben, er wolle viel Geld in
Infrastrukturprogramme stecken, Steuern senken und die unter seinem
Vorgänger Barack Obama verschärfte Finanzmarkt-Regulierung
aufweichen.
Doch die Vorsicht
der Anleger ist zurückgekehrt: In der Woche vor der Amtseinführung
rutschten der Dow-Jones-Index und der Dollar auf Sechs-Wochen-Tiefs
ab, die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen fiel auf den
tiefsten Stand seit Ende November und Gold, das in unsicheren Zeiten
als sicherer Anlagehafen angesteuert wird, stieg auf den höchsten
Stand seit zwei Monaten. Es gibt ja nicht nur Fans und Gegner von
Trump, sondern nicht wenige Experten, die unschlüssig sind und ihre
aktuelle Orientierungslosigkeit zugeben. Typisch für mich ist die
Äußerung von Lukas Daadler, Chef-Anlagestratege von Robeco: „Wir
haben uns neutral aufgestellt, weil wir nicht genau wissen, in welche
Richtung Trump geht.“
Plausibel auch, was
Dr. Jan Ehrhardt, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von DJE
Kapital AG, schreibt: „USA untergewichten und Europa
übergewichten.“ Das Jahr 2017 habe gute Chancen, den freundlichen
Start weiterzuschreiben. US-Aktien sind jetzt zugunsten von Werten
aus der Eurozone untergewichtet worden mit der Begründung: „Die
Bewertungsniveaus haben in der Breite in Europa mehr Luft nach oben,
während der US-Markt hier weniger Spielraum hat. Dennoch gefallen
uns Aktien starker, solider US-Firmen mit stabilen Geschäftsmodellen.
Anleger sollten sich aber bewusst sein, dass im aktuellen Umfeld die
Wahrscheinlichkeit von Konsolidierungen im Markt hoch ist.“
Mein strategischer
Ansatz ist ganz ähnlich, ich bleibe aber in der seit Wochen
eingenommenen Halte-Position. Und Sie kennen ja meine alte
Überlegung, geschätzte Anleger, in einem internationalen
Aktiendepot deutsche und amerikanische Aktien besonders stark zu
gewichten. Dabei bekenne ich mich mehr denn je zum „Home Bias“,
also zum Schwerpunkt auf heimische Werte, die man naturgemäß besser
kennt als ausländische. Konkret heißt das, lieber Deutschland als
Europa kaufen. Europa ist ernsthaft gefährdet – und das ist neben
der Bekanntheit das zweite und wichtigere Argument für den Dax. Wie
immer es mit der Gemeinschaft auch weitergehen mag – nicht zuletzt
durch den Brexit –, ich bin davon überzeugt, dass die deutsche
Wirtschaft letztendlich zu den Gewinnern gehören wird.
Übrigens: Die
Dividendenrendite ist auch in diesem Jahr ein wichtiges Argument für
die Aktienanlage. Die diesjährigen Hauptversammlungen der 30
Dax-Konzerne versprechen rekordhohe Ausschüttungen – laut
Berechnungen des Handelsblatts insgesamt knapp 31 Milliarden Euro.
Voraussichtlich 21 Konzerne erhöhen ihre Dividende. Die Rendite im
Dax liegt im Mittel seit dem Jahr 2004 bei gut 3 Prozent.
Machen Sie also
weiter mit – und machen Sie’s gut!