Geldmanagement: Wenn Sparen (statt Anlegen) zur Katastrophe wird

24.05.17

Trends auszumachen und zu beobachten, lohnt sich nicht nur bei den Kursen selbst. Besonders dann, wenn fundamentale wirtschaftliche Entwicklungen die Börse erkennbar beeinflussen, verdienen diese das gesteigerte Interesse auch der privaten Anleger. Kein Wunder ist deshalb, dass namhafte Strategen aus dem In- und Ausland jetzt die zunehmende Dynamik unserer Wirtschaft erfreut registrieren – ein Rückhalt für den Aktienmarkt.




Frische Detaildaten zum BIP haben den starken Zustand der deutschen Wirtschaft bestätigt. Dabei trug der Außenhandelsüberschuss mit 0,4 Prozentpunkten unerwartet deutlich zum Wachstum bei. Und die Aussichten bleiben positiv. Der ifo-Index steht so hoch wie seit den 1970ern nicht mehr, andere Stimmungsindikatoren sind auf Sechs-Jahres-Hoch – so wie auch die für die gesamte Eurozone. Es läuft also auch bei den wichtigsten deutschen Handelspartnern. Kommentiert der anerkannte Experte Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank: „All das deutet darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland im zweiten Quartal gegenüber dem schon ordentlichen ersten sogar noch etwas beschleunigen könnte.“


Ergänzt wird solche Trendbetrachtung durch den neuen Konsumklimabericht der GfK: Die deutschen Verbraucher bleiben auch im Mai dieses Jahres in Hochstimmung und damit eine verlässliche Stütze der Konjunktur in Deutschland. Dies zeigen die gestiegene Konjunktur- und Einkommenserwartung. Die Anschaffungsneigung war dagegen auf weiterhin hohem Niveau leicht rückläufig. In seiner Prognose für Juni sieht GfK das Konsumklima bei 10,4 Punkten und damit 0,2 Zähler höher als im Mai.


Parallel dazu gibt es neue Berechnungen zu den längerfristigen Schäden als Folge des immer wieder beklagten falschen Sparens deutscher Haushalte – entsprechende Untersuchungen sind dieser Tage durch Comdirect und DZ Bank vorgelegt worden. Was dabei herausgekommen ist, muss geradezu als katastrophal bezeichnet werden.


Klar ist: Zu den Folgen der Niedrigzinsphase zählt der Einbruch der Zinseinkünfte bei der Geldanlage: Im Vergleich zum „Normalzinsniveau“ summieren sich die Einkommenseinbußen der privaten Haushalte in den letzten sieben Jahren auf fast 344 Mrd. Euro. Dem steht eine Zinsersparnis bei Krediten von 145 Mrd. Euro gegenüber. Insgesamt werden daraus Netto-Zinseinbußen von 199 Mrd. Euro ermittelt!


Von 2011 bis 2013 fiel die Durchschnittsverzinsung von Einlagen, Rentenpapieren und Versicherungen unter die Inflationsrate und ein negativer Realzins musste hingenommen werden. Für 2014 bis 2016 lassen sich lediglich dank extrem niedriger Inflationsraten leicht positive Realzinsen errechnen. Mit der Rückkehr der Inflation fällt der durchschnittliche Nominalzins in diesem Jahr erneut schwächer aus als der allgemeine Preisanstieg. Ein Realzins von voraussichtlich -0,8 Prozent führt 2017 zu einem Wertverlust des privaten Geldvermögens von über 37 Mrd. Euro.


Die Niedrigzinsphase macht sich im Sparverhalten der Bürger bemerkbar. Zwar ist ein Rückgang der Sparquote nicht festzustellen. Allerdings führt die Kombination aus der traditionellen Risikoscheu der Anleger und niedrigen Zinsen zu einem gigantischen Geldanlagestau. Die Probleme, denen sich die Anleger ausgesetzt sehen, resultieren zum Teil jedoch aus einer einseitigen Portfoliomischung zugunsten zinsabhängiger Anlageformen. Das erschwert die Kompensation von Zinseinbußen in Zeiten niedriger Zinsen. Langfristig könnte daher eine ausgewogenere Portfoliostruktur, die neben Zinseinnahmen auch stärker Dividendenerträge und Kursgewinne ermöglicht, Abhilfe schaffen.

Der aktuelle Blick: Steigende Inflation und ein nahezu bei null notierender Zins haben im ersten Quartal 2017 zu einem Realzins von -1,6 Prozent bei Tagesgeldern, Festgeldern und Spareinlagen geführt. Trotzdem halten die deutschen Sparer an diesen Anlageformen fest. Setzt sich diese Entwicklung fort, verlieren sie dadurch nach Bankberechnungen in den kommenden 20 Jahren mehr als 550 Milliarden Euro! Das sind 14.000 Euro pro Haushalt. Drei Jahre spart ein Haushalt im Durchschnitt, um diesen Betrag zu erreichen.


„Nie war der Wertverlust festverzinslicher Anlagen höher als aktuell. Doch das ist erst der Anfang: Wenn wir unser Anlageverhalten nicht ändern, hat das dramatische Folgen für die deutschen Sparer“, sagt Arno Walter, Vorstandsvorsitzender von Comdirect, und mahnt: „Wenn die Deutschen ihre Spargewohnheiten nicht bald ändern, laufen viele Menschen Gefahr, den gewohnten Lebensstandard im Alter nicht halten zu können. Denn die gesetzliche Rente allein könnte dafür nicht ausreichen. Es ist daher dringend Zeit, dass jeder Einzelne jetzt etwas tut.“


Sie kennen vermutlich längst die beste Empfehlung, geschätzte Anleger, denn sie ist ja nicht neu: langfristige Aktienanlage. Deshalb werde ich auch nicht müde mit meinem Appell an alle Aktienfans: Werden Sie zu „Aktien-Missionaren“, indem Sie bei passender Gelegenheit Ihre Verwandten, Freunde und Bekannten von den überragenden Vorzügen der Unternehmensbeteiligung für die private Vorsorge berichten. Es geht darum, den Bundesbürgern endlich die alte Angst vor Kursverlusten und Kursschwankungen zu nehmen.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!