Aktienanlage: Nicht die Höhe der Kurse ist das Risiko

07.06.17

Werbung wirkt. Warum sollte das nicht auch für Geldanlagen gelten? Ich werde mich weiterhin unverdrossen für die langfristige Aktienanlage stark machen – hier und bei allen anderen Gelegenheiten. Das Echo auf meinen jüngsten Appell war eher bescheiden. Und in manchen Fällen habe ich den Eindruck, dass Zielsetzung und weg dahin missinterpretiert werden.




Zur Erinnerung: Seit langem und oft wiederholend haben wir das „Falsch-Sparen“ der Bundesbürger und die im internationalen Vergleich stark unterentwickelte Anlegerkultur beklagt. Jetzt geht es mir darum – positiv ausgedrückt –, dass sich Finanzdienstleister und Medien aller Art in ihrer Öffentlichkeitsarbeit stärker für die Aktie einzusetzen und eine wirklich engagierte Aktienförderung betreiben. Ideal wären also parallele Aktionen zur politischen Lobby-Arbeit des Deutschen Aktieninstituts (DAI).


Deshalb fordere ich mehr Förderung der privaten Beteiligung an der Wirtschaft durch Vermittler, Berater und Anbieter von Kapitalanlage-Instrumenten. In mehreren Zuschriften wird dagegen der Staat in den Vordergrund gerückt – die Politik möge sich gefälligst darum kümmern und insbesondere bessere steuerliche Rahmenbedingungen schaffen. Gewiss, aber diese Diskussionen laufen längst. Vereinzelt wünschen sich engagierte Leser auch bessere Aufklärung. Gegenfrage: Kennen diese Leser nicht die mittlerweile umfassenden wie detaillierten Informationsangebote zu allen Facetten der Aktienanlage?


Kühlt die US-Konjunktur ab?

Da die Aktienkurse aktuell nicht weiter vorankommen, breitet sich eine Diskussion unter den Volkswirten und Analysten über die konjunkturellen Perspektiven aus. Dabei geht es einerseits um regionale Unterschiede, schwerpunktmäßig um die USA mit und ohne Trump-Einflüsse, andererseits auch um die damit zusammenhängenden Schritte der Notenbanken. Einige durchaus bullisch eingestellte Strategen gehen dazu über, ihre Kundschaft auf flaue Sommermonate einzustellen, ohne vor einem Crash zu warnen. Andere sehen eher eine längere Korrekturphase, falls das Wirtschaftswachstum ab Herbst ermüden sollte.


Es gibt also durchaus ein fundamentales Risiko – ausgehend von Amerika! Hinzu kommen die übergeordneten und unkalkulierbaren politischen Risiken. Das wird uns gerade in dieser Woche wieder einmal vor Augen geführt. Dagegen ist die Höhe, die viele Aktienkurse inzwischen erklommen haben, für sich genommen kein Risiko. Indexrekorde sollten nicht abschrecken. Denn die Liquiditätslage bleibt auf absehbare Zeit ausgesprochen günstig. Und es mangelt ja nach wie vor an echten Konkurrenten zur Anlageklasse Aktie. Ich halte also an meiner seit ein paar Wochen ausgegebenen Grundsatzempfehlung fest, Gewinne wo möglich teilweise zu realisieren und mit neuen Engagements vorsichtig vorzugehen. Dabei favorisiere ich immer noch europäische, speziell deutsche Aktien. Fortgeschrittene Anleger sollten sich ähnlich wie die viele Profis verhalten und den Anteil von Schwellenländer-Aktien aufstocken.


Einer der Gründe – neben dem Nachholbedarf gegenüber der Wall Street: Die Lage in der Eurozone wird konjunkturell immer besser, wie die Stimmungsanalysten von Sentix berichten! Die Konjunktur in Euroland zeigt sich weiter von ihrer freundlichen Seite. Die Lage für die Eurozone steigt zum sechsten Mal (!) in Folge und erreicht mit 36 Punkten den höchsten Stand seit Januar 2008. In Deutschland ist die Wirtschaft in noch besserer Verfassung. Und trotz dieser sehr guten Lageeinschätzung bleiben die Erwartungswerte stabil. Dies überrascht, denn aus Sicht der Sentix-Teilnehmer schwächelt die größte Volkswirtschaft der Welt!


Die jüngste Nachricht über deutlich rückläufige Auftragseingänge der deutschen Industrie im April hat die Märkte vor diesem Hintergrund nicht beeindruckt: Die Betriebe verbuchten 2,1 Prozent weniger Bestellungen als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Minus von 0,4 Prozent gerechnet, nachdem es im März ein Plus von 1,1 Prozent gegeben hatte. „Bei geringen Großaufträgen fielen die Bestellungen insgesamt zu Beginn des zweiten Quartals etwas schwach aus", erklärte das Ministerium. Allerdings gebe es weiter "starke Signale" für eine Fortsetzung des Aufschwungs im Verarbeitenden Gewerbe. Dazu zählen die tendenziell leicht aufwärtsgerichtete Produktions- und Umsatzentwicklung sowie das "hervorragende Geschäftsklima“.


Anders das Sentiment für die USA. Während sich Donald J. Trump jeden Tag selbst lobt und sich die noch guten Daten von der US-Wirtschaft, allen voran die Vermögensmehrung an den Aktienmärkten, selbst zuschreibt, sehen die Anleger die Entwicklung zunehmend mit gemischten Gefühlen. Einerseits vermittelt die Lage noch einen robusten Eindruck, doch für die Zukunft trauen die Anleger der US-Wirtschaft nicht mehr viel zu. Wie schon zu Beginn des Jahres 2016 drehen die Erwartungen wieder ins Negative. Kommentiert Sentix: „Fake News“ würde Trump wohl sagen, ernste Zweifel würden wir es nennen!


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!