Anlagestrategie: Seinen Sie „dumm und frech“!

14.06.17

Fragezeichen behindern Entscheidungen – das bestätigen mir die Fragen der Privatanleger in allen Börsenphasen. Haben die Aktienkurse neue Höchststände erklommen, fragt man sich, ob denn die Luft nun zu dünn geworden sei: „Jetzt noch kaufen?“. In einer ausgeprägten Schwäche will man nicht ins fallende Messer greifen und wartet ab: „Wie tief können XYZ noch fallen?“ Und bei einer Seitwärtsbewegung wie jetzt erscheint alles möglich; achselzuckend deshalb die allgemeine Frage: „Wie geht’s weiter?“ Meine aktuelle Antwort: Lassen Sie sich nicht verrückt machen, zumal die Märkte immer noch gut aussehen! Wohin mit dem Anlagekapital, wenn nicht in Aktien?




Gerne erinnere ich an die Bonmots mit Augenzwinkern des berühmten Bankiers Carl Fürstenberg (1850 bis 1933), der einmal sagte: „Als erstes im Bankgeschäft lernt man den Respekt vor den Nullen.“ Noch bekannter ist sein ironisches Urteil über Kleinaktionäre: „Aktionäre sind dumm und frech. Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann noch Dividende haben wollen.“ Im Ernst meine ich: Bleiben Sie „dumm und frech“, geschätzte Anleger! Vieles spricht nach wie vor die Aktie (langfristig sowieso), selbst wenn sich die führenden Indizes kurz- bis mittelfristig schwertun sollten, weiter nach oben zu klettern.


Interessant sind in diesem Zusammenhang die verschiedenen Untersuchungen zum aktuellen Anlegerverhalten. So zeigt die soeben vorgelegte Marktstudie „Investoren der Deutschland AG 4.0“ die Strukturveränderungen der Investorenlandschaft im Dax auf. Folgende Erkenntnisse: Die Brexit-Entscheidung hat im Dax zu Mittelabflüssen von britischen Investoren geführt, die ihren Anteil um 7,4% im Vergleich zum Vorjahr verringert haben. Im Gegenzug haben nordamerikanische und deutsche Investoren ihr Engagement um 5,1% bzw. 4,2% erhöht. Privatanleger favorisieren weiterhin den Dax und halten im Durchschnitt 16%. Institutioneller Streubesitz bleibt weitestgehend stabil bei ca. 60% der Marktkapitalisierung des Index. Die Beliebtheit von passiven Investments ist trotz Umschichtungen weiterhin ungebrochen und liegen damit im globalen Trend.


Eine international steigende Beachtung der Small Caps belegen die Ergebnisse einer anderen Untersuchung. Investoren interessieren sich deutlich stärker für Small Caps als noch vor einem Jahr. Daran würden auch Bedenken wegen kurzfristiger Marktvolatilität und möglicher Liquiditätsengpässe nichts ändern. 2016 hatten 33 Prozent der weltweit befragten Fondskäufer erklärt, dass sie in Small Caps investieren wollen. 2017 waren es mit 60 Prozent fast doppelt so viele. Experten erwarten, dass das Anlegerinteresse an Small Caps in den nächsten zwölf Monaten weiter wächst.


Ein Monat muss noch nicht viel aussagen, ist aber mehr als nur eine Momentaufnahme – zumal auch im bisherigen Juniverlauf ähnliches Verhalten beobachtet werden kann: Die Privatanleger zeigten sich hierzulande unverändert zurückhaltend. „Die politische Lage bleibt turbulent. Trumps Verhalten sowie der im Mai noch unklare Ausgang der UK-Parlamentswahl stimmten die Investoren weiterhin skeptisch“, sagt Stefan Wolf, Produktmanager Trading bei comdirect. „Verstärkt wird dieser Effekt von der bevorstehenden Sommerpause.“ Diese Skepsis schlägt sich im comdirect Brokerage Index nieder. Der lag im Mai mit 94,7 Punkten zwar über dem Niveau des Vormonats April (92,4 Punkte), verharrte jedoch im Verkaufsbereich. Der comdirect Brokerage Index erscheint monatlich. Die Daten zur Berechnung des Index sind repräsentativ für das Verhalten der Privatanleger in Deutschland. Der Index zeigt, ob die handelsaktiven Privatanleger tendenziell eher Wertpapiere kaufen oder ob sie eher verkaufen.


Trotz der im Vergleich zum Vormonat April konstanten Stimmungslage, ließ sich im Mai an sich ein geteiltes Verhalten beobachten. So war die Kauftendenz in der zweiten Monatshälfte nahezu doppelt so stark ausgeprägt wie zu Monatsanfang. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Anleger die Kursentwicklung des Dax sehr genau verfolgen. Während der Dax in der ersten Monatshälfte an der 13.000-Marke gekratzt hat, blieben größere Käufe seitens der Anleger aus. Die sehr hohen Werte sind vielen nicht geheuer und der Glaube an einen kurzfristig weiteren Kursanstieg ist offenbar sehr gering. Mitte Mai verzeichnete der deutsche Leitindex einen temporären Einbruch von rund 170 Punkten. Nachdem sich die Investoren einige Tage von der Stabilität des niedrigeren Niveaus überzeugen konnten, ist auch die Kauflaune wieder angestiegen.


Das Anlegerverhalten speziell bei Aktien blieb ebenfalls weitgehend unverändert. So stieg der Brokerage Index für Aktien im Mai nur geringfügig von 85,2 Punkten (April) auf 88,8 Punkte. Zu den Top-Käufen im Mai zählten Titel der Deutschen Bank, BASF und Daimler. Auf Platz vier und fünf der meistgekauften Werte lagen Aktien von ProSiebenSat.1 und Apple. Bei dem Medienunternehmen hat ein Kursrückgang von 10 Prozent und die Meldung über ein durchwachsenes TV-Geschäft Schnäppchenjäger auf den Plan gerufen. Auf der Verkaufsliste finden sich altbekannte Titel von Daimler, Allianz, der Commerzbank, der Deutschen Bank sowie der Deutschen Telekom.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!