Börsenklima: „Wenn ich doch Aktien gekauft hätte“

04.11.17

Wer dabei ist, kann sich die Hände reiben. Die Skeptiker hingegen warten bisher vergeblich auf ihre Bestätigung und ärgern sich wahrscheinlich, nicht frühzeitig eingestiegen zu sein. Es ist die Zeit von „Wenn“ und „Hätte“, weil viele sich sagen: „Wenn ich doch Aktien gekauft hätte!“ Früher, vor einigen Jahrzehnten, hörte man auf dem Parkett übrigens den Satz: Die Herren Wenn und Hätte haben an der Börse nichts zu suchen. Bei dieser Gelegenheit sei den Vordenkern des TM Börsenverlags ein dickes Kompliment gemacht, weil diese seit Monaten unverdrossen an ihrer bullischen Haltung festhalten und das auch öffentlich propagieren.



Börsianer müssten derzeit den Eindruck haben, sie befänden sich in der besten aller möglichen Welten, argumentieren die Stimmungsanalysten an der Börse Frankfurt in ihrem jüngsten Wochenbericht. Nicht nur, weil der Dax mehrfach ein neues Allzeithoch markiert hat, denn selbst der um Dividenden bereinigte Dax-Kursindex markierte zum ersten Mal seit April 2015 wieder ein neues historisches Hoch. Wichtig dafür: Spätestens seit der Sitzung der Europäischen Zentralbank in der Vorwoche scheint das vielerorts gefürchtete Extrem-Risiko einer für Aktien ungünstigen geldpolitischen Entscheidung aus dem Weg geräumt zu sein.


Ganz interessant die weitere Argumentation von Verhaltensökonom Joachim Goldberg: „Nicht nur die USA, sondern auch die Eurozone befindet sich in einer sogenannten ‘Goldilocks‘-Umgebung. Also in einer Wirtschaftslage, die sich durch Wachstum über dem Trend und eine Inflation unter dem Trend auszeichnet. Alles in allem also eine Konjunktur, die sich gerade prächtig entwickelt. Ein Szenario übrigens, das internationale Investoren bereits seit Mitte Oktober global auf dem Radarschirm haben.“


Diese Überzeugung setzt sich nun auch zunehmend bei deutschen Fondsmanagern durch, zumal das Ergebnis der jüngsten Stimmungsumfrage, gemessen am Börse Frankfurt Sentiment-Index, abermals um 6 Punkte auf einen Stand von nunmehr +21 Punkte gestiegen ist. Immerhin handelt es sich dabei um den dritten Wochenzuwachs in Folge. Dabei scheint es auch keine Rolle mehr zu spielen, ob es auf der Welt in den kommenden Tagen weitere Ereignisrisiken geben könnte. scheinen. Interessant bei der jüngsten Befragung: Die neuen Optimisten rekrutieren sich erneut fast ausschließlich aus der Gruppe vormals neutral eingestellter Investoren.


Aber auch bei den Privatanlegern ist der Optimismus ungebrochen. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index stieg hier noch einmal um 8 Punkte auf einen neuen Stand von +36 Punkten. Immerhin handelt es sich dabei um das höchste Niveau seit 16. November 2016. Im Gegensatz zu den institutionellen Pendants beruht der jüngste Zuwachs an Bullen auf den Transaktionen früherer Pessimisten, die schlichtweg die Notbremse ziehen mussten.


Ehrlich gesagt, mich beschleicht leise ein ungutes Gefühl, obwohl ich im Bullenlager bleibe. Denn es geht mir zu schnell aufwärts, weil aus mehreren Gründen eine längere, intensive Verschnaufpause für den Markt gut wäre. Auch Goldberg schreibt: Die Gretchenfrage für den Aufwärtstrend des Dax lautet natürlich, ob der derzeitige Optimismus zu hoch ist. Denn nach gängiger Lesart wäre ein Zuviel davon Gift für die weitere Entwicklung des Börsenbarometers. Im Falle der Privatanleger ist diese Frage per se mit Ja zu beantworten. Allerdings hält der Börse Frankfurt Sentiment-Index der institutionellen Investoren nur in begrenztem Maße mit dieser Entwicklung Schritt. Selbst wenn man einigen Investoren aufgrund der Aufwärtsbewegung der vergangenen Handelstage erneut eine gewisse Kaufpanik bescheinigen mag, darf nicht vergessen werden, dass immer noch rund ein Drittel der institutionellen Anleger skeptisch gestimmt ist [ … ] Alles in allem bedeutet das: Es tanzen noch längst nicht alle auf dem Vulkan.


Vergessen Sie bitte nicht, Gewinne zu realisieren, geschätzte Anleger! Aber nur für einen Teil Ihres Depots, denn Sie sollten weiter in Aktien engagiert bleiben! Gewinnmitnahmen – das gilt natürlich nicht (!) für die Langfristanleger, für die Sparpläne mit Aktien- oder Aktienfonds. Andererseits würde ich kurz- bis mittelfristig denkenden Neueinsteigern nicht unbedingt empfehlen, hastig das ganze verfügbare Kapital zu investieren.


Machen Sie also mit – und machen Sie’s gut!