Börsenstimmung: Wird auch die Konjunktur zum Unsicherheitsfaktor?

14.03.18

Wann verändert sich was? Noch einmal dieses Fragezeichen – diesmal auch in der Überschrift und bezogen auf die fundamentalen Wirtschaftsdaten. Brauchte man sich bisher keine Gedanken über die Konjunktur als wichtige Stütze für die Aktienmärkte zu machen, so sind auf einmal da und dort gewisse Zweifel aufgetaucht. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die protektionistischen Absichtserklärungen von US-Präsident Trump, die bei den Handelspartnern schlimmste Befürchtungen ausgelöst haben und auch die Börsen irritieren.




Trotzdem, ich plädiere für Gelassenheit der Anleger, immer noch. Bisher haben die Aktienmärkte auch nicht heftig und nicht nachhaltig reagiert. Andererseits geht es jetzt nicht mehr nur um die Geldpolitik – auch die fundamentalen Wirtschafts- und Unternehmensdaten gilt es künftig im Auge zu behalten. Noch werden diese von den meisten Volkswirten und Analysten weiter mit positivem Vorzeichen gesehen.

Dazu passt die jüngste Einschätzung durch die OECD: Die Weltwirtschaft gewinnt weiter an Fahrt. Robustes Wachstum bei Investitionen, eine damit verbundene Belebung des Welthandels und wachsende Beschäftigung stützen einen zunehmend breiten Aufschwung. Der OECD-Prognose zufolge dürfte die Weltwirtschaft 2018 und 2019 um jeweils 3,9 Prozent wachsen. Gegenüber November 2017 wird die Wachstumsprognose damit für fast alle G20-Länder nach oben korrigiert. Für Deutschland erwarten die Ökonomen 2018 jetzt ein Wirtschaftswachstum um 2,4 Prozent und 2019 um 2,2 Prozent (plus 0,1 bzw. 0,3 Prozentpunkte gegenüber der Prognose vom November 2017).


Auf kurze Frist dürften die Steuersenkungen und Ausgabenerhöhungen in den USA sowie der erwartete Stimulus in Deutschland das Wachstum treiben. Wachsender Protektionismus und Risiken im Finanzsektor könnten aber diese positiven Aussichten gefährden.


Ganz aktuell fragt das Research der DekaBank: Jetzt direkt in die Rezession? – Nein, ist die Antwort der Bankanalysten, obwohl es nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahr an den Aktienmärkten „mächtig gerumpelt“ hat. Die erste Korrektur Ende Januar wurde von Ängsten vor einer Überhitzung der US-Volkswirtschaft ausgelöst, nachdem dort ein überraschend starkes Lohnwachstum und steigende Inflationsraten gemeldet worden waren. Das Schreckensszenario lautete: Rascher und stärker steigende Leitzinsen bremsen die Konjunktur und führen spätestens ab 2019 unvermeidlich in die Rezession. Gut einen Monat später ist sogar noch eine Schippe draufgelegt worden: Jetzt soll es sogar ohne Umwege direkt in die wirtschaftliche Abschwächung gehen. Das Reizwort hierfür lautet „Protektionismus". US-Präsident Trump hat quasi aus heiterem Himmel Strafzölle für Stahl- und
Aluminiumimporte angekündigt. Da er diese Maßnahme mit der Gefährdung der nationalen Sicherheit begründet, ist er nicht von der Zustimmung des US-Kongresses abhängig. Erhebliches Ungemach droht durch mögliche Vergeltungsmaßnahmen der Europäer und Asiaten, die wiederum von Trump mit Strafzöllen auf Automobilimporte beantwortet werden könnten. Kurzum: Das Schreckgespenst des globalen Handelskrieges geht um.


Ein politisches Risiko soll also dem konjunkturellen Aufschwung ein jähes Ende bereiten? Dazu die DekaBank, deren Einschätzung nicht allein dasteht: „Wir rechnen nicht mit dem Handelskrieg, die Wahrscheinlichkeit eines solchen Risikoszenarios ist jedoch gestiegen. Indes gehen wir aus gutem Grund davon aus, dass unsere Prognosen einer anhaltend dynamischen globalen Konjunkturentwicklung und einer nur langsam anziehenden Inflation auf einer soliden Basis stehen. Die Notenbanken können unserer Einschätzung nach an ihrem bislang kommunizierten Pfad des geldpolitischen Exits aus der ultra-expansiven Geldpolitik festhalten.“


Eine Konsequenz ist freilich schon spürbar: wachsende Unsicherheit und höhere Volatilität (die ohnedies erwartet worden war). Das dürfte sich auch nicht so rasch verflüchtigen. Der gespannte Blick richtet sich dabei nicht allein auf die Aktienmärkte, sondern vor allem auf die Rentenmärkte.

Wie schnell gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen in Frage gestellt werden können, zeigt auch der jüngste Bericht des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): „Konjunkturerwartungen für China sinken drastisch.“ In der Umfrage vom März (vor den Trump-Androhungen) gehen die Konjunkturerwartungen für China deutlich zurück. Der neue Wert des CEP- Indikators liegt jetzt bei 1,4 Punkten, das sind 13,3 Punkte weniger als im Vormonat (Februar 2018: 14,7 Punkte). Dieser Indikator gibt die Konjunkturerwartungen internationaler Finanzmarktexperten/-innen für China auf Sicht von zwölf Monaten wieder.


Zurück zum Gesamtmarkt. Ich teile die Einschätzung von Analysten, dass es hinsichtlich der Marktkorrektur noch zu früh ist, zur definitiven Entwarnung zu läuten. „Unbeschadet dieser Bewertung bleiben wir aber dabei, dass sich das fundamental günstige Umfeld im weiteren Jahresverlauf durchsetzen wird und dass infolgedessen an den internationalen Börsen wieder klar höhere Kursniveaus erreicht werden.“ Das halte ich ebenfalls für gut möglich – aber eben nur mit einem Fragezeichen.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!